Zum Verständnis der Bergpredigt (Matthäus 5 - 7.)

Die Bergpredigt hat mich sehr beschäftigt, weil ich als Militärpfarrer von Friedensbewegten damit heftig angegriffen wurde. Daraufhin habe ich mich mit der Bergpredigt intensiv befaßt und bin nach langem Studium zu folgendem Ergebnis gekommen:
Die Bergpredigt steht im Matthäusevangelium in den Kapiteln 5 - 7. Sie kann nur im Zusammenhang mit dem ganzen Matthäusevangelium verstanden werden. Der Evangelist Matthäus läßt sittliche Leistung vor Gott nicht gelten. Vor Gott zählen nur Liebe, Glaube und Gnade.

Mit der Bergpredigt kann nur jemand argumentieren, der Jesus ernst nimmt und den Evangelisten Matthäus, ohne die es die Bergpredigt nicht gäbe. Bei Matthäus hat Jesus nie Ethik gelehrt, sondern Liebe. Ethik ist vernünftig. Liebe ist es nicht. Vor Gott zählt Leistungsdenken nicht. Das zieht sich durch das ganze Matthäus-Evangelium. So ist die Bergpredigt keine Ethik der Vollkommenen, sondern, wie Prof. Braun einmal gesagt hat, Zeugnis liebender Ergriffenheit von Jüngern gegenüber ihrem Meister. Wer so liebt, kann so handeln. Wer so handeln will, ohne zu lieben, wird zum Terroristen. Ulrike Meinhof und Gudrun Enßlin sind Beispiele dafür. Liebe ist nicht machbar. Liebende werden von ihr ergriffen.

Bedauerlich ist, daß auch in der Theologie die Bergpredigt aus dem Zusammenhang gerissen, ethisch ausgelegt und damit falsch interpretiert wird. In der Bergpredigt geht es um Liebe. Liebe ist nicht justitiabel. Niemand kann sie einklagen.